Monika Wulz

Ökonomien geistiger Arbeit, 1820–1930

Das Buchprojekt beschäftigt sich mit ökonomischen Theorien des Wissens im langen 19. Jahrhundert. In dieser Zeit bildete die Förderung geistiger Arbeit einen wichtigen Fokus gesellschaftlicher Transformation: Während der »zweiten industriellen Revolution« wurden Innovation und wissenschaftliche Forschung als produktive Faktoren der ökonomischen Entwicklung verstanden. In diesem Zusammenhang wurden die materiellen Grundlagen geistiger Arbeit, deren Ressourcen und Verteilung, ihre Finanzierung und ihre Bezahlung sowie ihr Wert ökonomietheoretisch diskutiert: Einerseits wurde geistige Arbeit einer Ökonomisierung unterworfen, die den effizienten Gebrauch energetischer Ressourcen sichern sollte; andererseits waren ihre ökonomischen Grundlagen auch Teil der kontroversen Debatten um die »soziale Frage« um 1900 – angesichts von Problemen wie unzureichender Bezahlung, mangelnden Eigentumsgrundlagen, fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten, sozialer Ungleichheit oder Arbeitslosigkeit, die ebenso Bereiche intellektueller Tätigkeit betrafen.

Mit Blick auf die zunehmende Globalisierung von Wissenschaft und Wirtschaft in diesen Jahrzehnten analysiert das Projekt, wie die materiellen Bedingungen von Wissenschaft und intellektueller Tätigkeit aus unterschiedlichen ökonomischen und politischen Blickwinkeln diskutiert wurden und in Disziplinen wie der Ökonomie- und Kulturtheorie oder damals entstehenden Feldern wie der Experimentalpsychologie, der Soziologie und Erkenntnistheorie verhandelt wurden. Es zeigt, wie konkurrierende Entwürfe der Finanzierung von intellektueller Tätigkeit einander gegenüberstanden: von Begabtenstipendien, Reformen des Eigentums- und Patentrechts, Vorschläge zur Einführung von Erbschaftssteuer oder einem Grundsicherungsmodell – alle mit dem Ziel, unabhängige intellektuelle Tätigkeit zu fördern. Das Projekt entwickelt auf diese Weise Ansätze, um aktuelle Debatten um die «Ökonomisierung», «Neoliberalisierung» oder «Prekarisierung» von Wissenschaft neu zu perspektivieren.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert