Vera Wolff

Aktuelles Projekt:

Im Allgemeinen ist es die Konfrontation zwischen Sozialistischem Realismus und Abstraktem Expressionismus im Ost-West-Konflikt, die als charakteristisch für die Kunst der Zeit des Kalten Krieges verstanden wird. Was die Kunst des Kalten Krieges war, lässt sich jedoch nicht allein von dieser kulturpolitischen Konfrontation ableiten. Das hier skizzierte Projekt fragt genauer nach dem Verhältnis der bildenden Kunst zur Wissens- und Technikgeschichte des Kalten Krieges. Untersucht werden (1.) die institutionalisierte Zusammenarbeit von Künstlern mit Wissenschaftlern und Ingenieuren, (2.) die unterschiedlichen Entwürfe einer Ästhetik für das neue Zeitalter, das als das „technische“, das „atomare“ oder das „Informationszeitalter“ firmierte und den Beginn der Wissensgesellschaft markiert, sowie (3.) die Neubestimmung der künstlerischen Tätigkeit im Verhältnis zu industrieller Arbeit und zu wissenschaftlicher Forschung.

Die genannten Problemkomplexe finden sich auf den verschiedenen, eng miteinander verwobenen Ebenen der Untersuchung wieder. Diese Ebenen betreffen den sozialen und institutionellen Rahmen der Zusammenarbeit, die kunsttheoretischen Debatten der Zeit, in denen man sich immer wieder auf die neuesten Erkenntnisse der Natur,- Human- oder Sozialwissenschaften bezog oder Ähnlichkeiten zwischen künstlerischer Arbeit und wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen herausstellte, sowie – nicht zuletzt – die künstlerische Praxis und die künstlerischen Werke, die ihren gesellschaftlicher Entstehungskontext und die zeitgenössische Theoriebildung reflektieren.

Das Projekt erstreckt sich auf den Zeitraum zwischen 1945 und den 1980er Jahren, d.h. vom Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Beginn des Kalten Krieges bis in die Zeit nach dem Vietnamkrieg, um exemplarisch beschreiben und analysieren zu können, was für Hoffnungen einerseits in die Zusammenführung der drei gesellschaftlichen Kräfte gesetzt wurden und welche Kritik sich andererseits an ihr entzündete. Es behandelt Entwicklungen in den USA, Westeuropa und Japan. Damit trägt es den mit dem Kalten Krieg einhergehenden Internationalisierungsprozessen, den entsprechenden Erwartungen, die Künstler damals an die globale Zirkulation von Wissenschaft und Technik knüpften und den transnationalen Bedingungen des Westens Rechnung. Denn „Westkunst“ bezeichnete im Kalten Krieg nicht nur Kunst aus den USA, Westeuropa und Teilen Lateinamerikas, sondern auch aus Japan, das, nachdem es lange als Paradigma des Ostens gegolten hatte, politisch und militärisch auf einmal zum Westen zählte, und nun, auch in Hinblick auf die Kunst, gleichermaßen die Front wie die Peripherie des Konflikts verkörperte.

Für die Analyse der Zirkulationsprozesse zwischen Wissenschaft, Industrie und Kunst  bedient sich die Untersuchung sowohl tradierter kunsthistorischer als auch wissenschaftshistorischer Methoden. Dabei greift sie u.a. auf die „praktische Ästhetik“ Gottfried Sempers zurück, der Stil als Ergebnis des tatsächlichen oder symbolischen Zwecks eines Werks, des verwendeten Materials und der Werkzeuge und Prozeduren verstand, die bei seiner Herstellung zum Einsatz kommen. Die Kombination dieser zu Hochzeiten der Industrialisierung formulierten Perspektive mit den Methoden der historischen Epistemologie, deren Interesse den materiellen und gesellschaftlichen Bedingungen der Entstehung von Wissen gilt, und denen der Materialikonographie, die sich auf die historische Bedeutungszuschreibung an Materialien und Techniken richten, soll es ermöglichen, den Wandel vom Industriezeitalter zum sogenannten Informationszeitalter fassbar zu machen.

Das Projekt rekonstruiert auch einen verdrängten Teil der Geschichte der Hoffnungen, die sich heute wieder mit hochschulpolitischen Zauberworten wie dem von der „künstlerischen Forschung“ verknüpfen und die in den 1990er Jahren in den bekannten Art-Science-Programmen mündeten. Es hofft damit, einen Beitrag zur Geschichte der Wissensgesellschaft und dem Erbe, das sie aus dem Kalten Krieg empfangen hat, zu leisten, und zu einer kritischen Kunstgeschichtsschreibung der Verbindungen zwischen Wissenschaft und Kunst beizutragen.

Abgeschlossen:

Die Rache des Materials

Seit dem 19. Jahrhundert träumen Künstler, Kunsttheoretiker und Kunsthistoriker von einer japanischen Ästhetik des Materials – von der Schönheit des Formlosen, des Vergänglichen und des Prozessualen. Dieses Buch handelt von der Geschichte dieses materialästhetischen Japonismus. Es zeigt, auf welchen historischen, technischen und diskursiven Voraussetzungen die Vorstellung von einer japanischen Materialästhetik gründet. Und es unterzieht die ikonographischen Zuschreibungen, die mit der Tradition der japanischen Teekeramik, der Holzarchitektur oder der Tuschmalerei verbunden worden sind, einer kritischen Revision. Damit wird auch ein neuer Blick auf die moderne japanische Kunst nach 1945 eröffnet, die eine radikale Auseinandersetzung mit solchen ikonographischen Besetzungen gesucht hat.

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