Herbstsemester 2019

Von dem Philosophen Demokrit berichtet die Legende, dass er Tiere seziert habe, um den Sitz der Seele im Gehirn zu suchen. Heutige Neurowissenschaftler benutzen bildgebende Verfahren wie funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie, um spezifische kognitive und emotionale Qualitäten im Gehirn zu lokalisieren. Zwischen diesen beiden Daten liegt eine 2500jährige Geschichte, in der das Verhältnis von Gehirn und Geist immer wieder neu bestimmt worden ist. Beginnend mit antiken und mittelalterlichen Lehren, werde ich das Schwergewicht auf die moderne Hirnforschung seit dem 19. Jahrhundert legen. Dabei werden entscheidende Themen der Neurowissernschaften wie Lokalisationstheorie, Neuronenlehre, Reflexlehre, Theorien der Emotionen, Neurokybernetik und die Bedeutung der Hirnbilder zur Sprache kommen. Gleichzeitig werden aber auch Werke der Kunst und Literatur (z. B. Science Fiction-Romane, Filme, Gemälde, Fotografie usw.) einbezogen.

Das Ziel der Veranstaltung besteht darin, grundlegende Entwicklungen in der wissenschaftlichen und philosophischen Beschäftigung mit dem Leib-Seele-Verhältnis kennenzulernen. Es sollte auch deutlich werden, dass einige der wichtigsten und drängendsten Fragen der heutigen Neurowissenschaften bereits eine lange Geschichte haben.

Vorlesung (3 KP)
Prof. Dr. Michael Hagner

Dienstags, 17–19 Uhr
Ort: ETH Zürich, 
Rämistrasse 101, HG, D 1.2
8092 Zürich

Beginn: 17. September 2019
14 Sitzungen

Marshall McLuhan hat das gedruckte Buch als wesentliches Medium für die Entwicklung des modernen Individualismus und die Dominanz der westlichen Kultur bezeichnet, er hat aber auch das Ende der "Gutenberg Galaxis" vorausgesagt. Seit der Ankunft des WorldWideWeb in den 1990er Jahren sind die Reden vom Tod des Buches nicht verstummt, aber im frühen 21. Jahrhundert scheint das gedruckte Buch ziemlich widerstandsfähig und lebendig zu sein. Ausgehend von dieser Diagnose werden im Seminar ausgewählte Texte zur Geschichte und Theorie des Buches gelesen, die einen Überblick über die Bedeutung und Wandlungsfähigkeit dieses Mediums geben.

In der Veranstaltung wird es darum gehen, unterschiedliche Etappen des Buches vom Beginn des Buchdrucks bis zur Gegenwart vorzustellen und ihre Bedeutung für unsere Kultur herauszuarbeiten.

Seminar (3 KP)
Prof. Dr. Michael Hagner

Montags, 17–19 Uhr
Ort: ETH Zürich, 
Haldeneggsteig 4, IFW, D 42
8092 Zürich

Beginn: 23. September 2019
13 Sitzungen

Die Neue Rechte ist medial und politisch äusserst präsent. Dabei wird sie mit einer wissenschaftsfernen Haltung in Verbindung gebracht ("fake news", Klimaleugner, Verschwörungstheorien). Doch haben 'seriöse' Wissenschaften beim Aufstieg der Neuen Rechten eine wichtige Rolle gespielt. Ziel des Seminars ist es, die bislang unerforschte Wissenschaftsgeschichte der Neuen Rechte zu kartieren.

Das Projektseminar zum Thema "Neue Rechte und Wissenschaft" ist als Forschungs-und-Schreibwerkstatt konzipiert, an dessen Ende eine Publikation in der Reihe Æther steht. Das Blockseminar setzt die gemeinsame Arbeit aus dem Frühjahrssemester 2019 fort (wenn nicht mit den Dozierenden anders vereinbart, ist die Teilnahme am Vorläuferseminar FS 2019 erforderlich!). Bei den ersten beiden Blockveranstaltungen stehen Feedbackrunden in der Gruppe im Mittelpunkt, während danach die Endredaktion der Texte erfolgt. Von den Teilnehmer_innen wird, wie schon zuvor, neben der Anwesenheit an den Blockseminaren ein hohes Mass an Eigeninitiative, Interesse am Thema, und Spass am Schreiben und Gestalten erwartet.

Die Studierenden lernen, Forschung, Schreiben und wissenschaftliche Kommunikation miteinander zu verbinden. Das Ziel der Seminars ist, dass die Studierenden lernen, die eigenen Texte zu publikationsfertigen Aufsätzen umzuarbeiten.

Blockseminar (3 KP)
Dr. Fabian Grütter, Dr. Nils Güttler, Dr. Max Stadler, Dr. Monika Wulz

Freitags, 10–18 Uhr (variiert)
Ort: ETH Zürich, 
Haldeneggsteig 4, IFW, C 42
8092 Zürich

Beginn: 27. September 2019
5 Sitzungen

Das Verhältnis von Wissenschaft und Ideologie hat eine lange und kontrovers diskutierte Geschichte. Und auch aktuell scheint dieses Verhältnis wieder auf dem Spiel zu stehen, wenn etwa der Klimawandel von Kritikern als "ideologisches Konstrukt" bezeichnet wird. Im Seminar werden wir einerseits anhand von Fallstudien Konfliktzonen zwischen ideologischem und wissenschaftlichem Wissen erkunden und andererseits anhand von theoretischen Ansätzen Methoden erarbeiten, um die Ausprägungen von ideologischem Wissen im Verhältnis zu Wissenschaft zu analysieren.

Seminar (3 KP)
Dr. Monika Wulz

Montags, 15–17 Uhr
Ort: ETH Zürich, 
Haldeneggsteig 4, IFW, C 33
8092 Zürich

Beginn: 23. September 2019
13 Sitzungen

Alchemie bedeutete im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit sowohl Naturphilosophie als auch praktisches Wissen von natürlichen Stoffen und ihren Eigenschaften. Manche Alchemiker wandten sich mehr der philosophischen und mystischen Seite zu, andere mehr der praktischen und wiederum andere verbanden beides miteinander. Besonders die praktische Alchemie erfuhr seit dem 16. Jahrhundert an den Höfen und in den grösseren Handelsstädten Europas eine besondere Aufmerksamkeit. Das Interesse an alchemischem Wissen zeichnete sich auch auf den Buchmärkten ab. Bücher über Bergbau, Metallurgie und Schmelzkunde, über Pigmentherstellung oder Rezept- und Kräuterbücher waren weit verbreitet. Bisweilen durchliefen sie mehrere Auflagen. Neben den gedruckten Büchern zirkulierten eine grosse Anzahl von Manuskripten und Rezeptsammlungen an Höfen und in städtischen Haushalten. Im Seminar wenden wir uns der vielschichtigen Gestalt des Alchemikers zu und gehen den komplexen Fragen nach, wer eigentlich ein Alchemiker war, welche Fremd- und Selbstzuschreibungen damit verbunden waren. Weiterhin untersuchen wir das breite Spektrum des alchemistischen Wissens und seine verschiedenen Anwendungsbereiche. Neben diesem Interesse an den Formen der alchemischen Epistemologie untersuchen wir Alchemie als Geschäft: Wer waren die Auftraggeber, was waren ihre Interessen? Welche Art von Versprechungen und Hoffnungen motivierten die Verträge mit Alchemikern und was waren die Risiken (für die Auftraggeber und für die Alchemiker)?

Das Seminar gibt einen Einblick in das breite Spektrum der alchemischen Literatur von 1500–1750. Über die Beschäftigung mit den Akteuren, Orten und Praktiken der Alchemie diskutieren wir den Beitrag des volkssprachlichen und handwerklichen Wissens für die Entwicklung der empirischen Wissenschaften. Von den Studierenden wird die Lektüre von deutschen, französischen und englischen Originalquellen erwartet.

Seminar (3 KP)
Dr. Tina Asmussen

Montags, 13–15 Uhr
Ort: ETH Zürich, 
Rämistrasse 101, HG, D 3.3
8092 Zürich

Beginn: 23. September 2019
13 Sitzungen

Der Ingenieur ist eine zentrale Figur der Moderne. Sie vereint in ihrer Vision "Erkennen" und "Gestalten" und ist daher für Wissenschaft, Kunst und Kultur ein wichtiger Referenzpunkt. Dennoch zeigen sich Brüche in dieser Figur. An ihr lassen sich nämlich der Wandel von Techniken, unterschiedliche Menschenbilder und Anthropologien sowie politische Utopien ablesen und bestimmen. Gerade im 20. Jahrhundert entwickelt sich der "Ingenieur" zu einem problematischen Vorbild für einen bestimmten "Menschentypus", der aktiv und tatkräftig nicht nur Technik, sondenr Gesellschaft verändern soll.

Das Lernziel des Seminar besteht darin, unterschiedliche Bilder von Ingenieuren systematisch (unter dem Begriff des homo faber) und historisch zu untersuchen. Dabei sollen die unterschiedlichen Kontexte und Diskurse (Wirtschaft, Politik, Kunst) mit betrachtet werden. Welche Zeit bringt welches "Ingenieur-bild" hervor? Wie bestimmen unterschiedliche technische Praktiken das Bild des homo faber?

Blockseminar (3 KP)
Dr. Kevin Liggieri

Montag bis Freitag, 9–15 Uhr
Ort: ETH Zürich, 
Sonneggstrasse 3, ML, H 43
8092 Zürich

Beginn: 16. September 2019
5 Sitzungen

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