Wintersemester 2005
Von dem Philosophen Demokrit berichtet die Legende, daß er Tiere seziert habe, um den Sitz der Seele im Gehirn zu suchen. Heutige Neurowissenschaftler benutzen bildgebende Verfahren wie funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie, um spezifische kognitive und emotionale Qualitäten im Gehirn zu lokalisieren. Zwischen diesen beiden Daten liegt eine 2500jährige Geschichte, in der das Verhältnis von Gehirn und Geist immer wieder neu bestimmt worden ist. In der Vorlesung wird es darum gehen, die wissenschaftlichen Aspekte dieser Geschichte in ihrem Verhältnis zu kulturellen und sozialen Prozessen nachzuzeichnen. Daraus folgt, daß sowohl philosophische Theorien und wissenschaftliche Praktiken als auch Werke der Kunst und Literatur (z. B. Science Fiction-Romane, Filme, Gemälde, Fotografie usw.) einbezogen werden.
In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeutung von Bildern in Wissenschaft und Technik zugenommen. Bilder begleiten den Prozeß der Forschung, wo sie dem menschlichen Auge auch Unzugängliches 'sichtbar machen'. Nebst dieser spezifischen Macht von Visualisierungen gehen wir der Frage nach, welche Rolle dem Bild in der öffentlichen Selbstdarstellung und Akzeptanz von Wissenschaft und Technik zukommt.
Seit der Entstehung der Kunstgeschichte 19. Jahrhundert lehnt diese sich immer wieder an verschiedene Modelle, Methoden und Paradigmen an. Zentral dabei ist das Verhältnis zu wechselnden Auffassungen darüber, wie Natur zu verstehen sei. Dementsprechend hat sich die Kunstgeschichte immer wieder an bestimmten natur- und technikwissenschaftlichen Verfahren orientiert. In dem Seminar geht es um die gemeinsame Lektüre und Diskussion exemplarischer Texte aus Kunstgeschichte und Naturwissenschaft vom 19. Jahrhudnert bis zur Gegenwart, die dieses komplexe Verhältnis zu bestimmen versuchen.